Martin Schörle - "Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten" & "Einladung zum Klassentreffen"

Martin Schörle – «Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten» und «Einladung zum Klassenreffen»

 

 

Informationen zum Buch

 

Verlag: Engelsdorfer Verlag
Anzahl Seiten: 119 Seiten
Veröffentlichung: 06. Dezember 2016 (1. Auflage, deutsch)
Preis: 9.50 € [D] / 14.90 Fr. [CH]
ISBN: 978-3-96008-408-2

 

 

Inhaltsangabe

 

Der kabaretteske Monolog »Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten« beschert dem geneigten Leser Einblicke in das Leben des Vollblutverwaltungsgenies Hans Fredenbek, der sich in seinem ganz eigenen Gedankengewirr aus Aktenzeichen, Dienstverordnungen, statistischen Erhebungen zusehends verheddert. Es wird deutlich, dass er sich von dem Leben jenseits seines Büros nahezu völlig verabschiedet hat. Vor allem aber wird schonungslos aufgedeckt, dass es zwischen Slapstick und Tragik eine Nahtstelle gibt. Und dass diese Nahtstelle einen Namen hat. Und dass dieser Name Hans Fredenbek ist. Mit einer Lesung aus seinem Stück war Schörle 2008 beim Autorenwettbewerb »Perlen vor die Säue« im Literaturhaus Hamburg erfolgreich (2. Platz von acht Finalteilnehmern aus insgesamt rund 100 eingereichten Beiträgen). Das Stück wurde außerdem im Rahmen der »Hamburger Theaternacht« als offizieller Beitrag des Hamburger Sprechwerks von »Caveman« Erik Schäffler auszugsweise gelesen. - »Einladung zum Klassentreffen« In ihrer Schulzeit hatten Marina und Carsten eine Liebesbeziehung. Nach 20 Jahren soll ein Klassentreffen stattfinden. So meldet sich Carsten, einer der Initiatoren, auch bei Marina, deren Leben nach Schicksalsschlägen zeitweilig aus den Fugen geraten war. Die gemeinsame innige Zeit ist für sie längst Vergangenheit, ein Früher. Aber an Carstens Gefühlen hat sich anscheinend nichts geändert. Sein Anruf weckt auch bei Marina Erinnerungen. Das unverfänglich begonnene Telefonat führt beide in ein Wechselbad der Gefühle ... Inhaltlich eine Liebesgeschichte wagt das Stück den Spagat zwischen Komik & Tragik, Lachen & Weinen. »Einladung zum Klassentreffen« wurde vom Publikum beim Wettbewerb »Stücke Schießen - Neue Dramatik. Neue Autoren. Neue Theatertexte« der Theaterliga zum Gewinnertext gekürt und erreichte bei der Spielplanwahl 2012/2013 des Thalia Theaters Hamburg den 8. Platz.

 

 

Meine Rezension

 

Als ich das Werk von Martin Schörle zum ersten Mal in Händen hielt, war ich ehrlicherweise etwas überrascht. Aufgrund der Leseprobe und des Titelbildes war mir natürlich klar, dass es sich hier um zwei Theaterstücke handelte, doch mich überraschte vielmehr die Seitenanzahl. Auf lediglich 119 Seiten sollten sich zwei ganze Theaterstücke wiederfinden. Dies schien mir schier unmöglich – vor allem wenn man bedenkt, dass bei Theaterstücken meist auch die Regieanweisungen sowie Kulissen beschrieben werden. Doch ich liess mich von dieser anfänglichen Überraschung nicht beirren und begann mit dem Lesen – zum Glück.

 

Das erste Stück ist ein Monolog. Der Verwaltungsbeamte Hans Fredenbek erzählt frisch von der Leber, was ihn gerade beschäftigt. Dabei spricht er immer wieder direkt das Publikum an. Die behandelten Themen sind dabei mindestens genauso vielfältig wie die Sprache selbst, die er für das Erzählen benutzt. Angefangen bei den Eigenheiten die ein Radiergummi aufweisen kann, über Urlaube, sein eigener Arbeitsalltag, seine Kollegen bis hin zu seiner Frau. Die Themen wechseln schnell und die Sprache genauso. Erzählt der Protagonist anfänglich penibel genau von jeder Einzelheit, wechselt er bereits bei der nächsten Szene und schafft es, in nonchalanter, teils gefühlsbetonter Alltagssprache den nächsten Gedanken in Worte zu fassen. Dies fordert dem Leser einiges ab, da er nicht nur den Themenwechsel ohne Vorwarnung verarbeiten muss, sondern auch die neue Ausdrucksweise. Martin Schörle, der Autor dieses Werks, gelingt es jedoch ausgezeichnet, die Spannung und Dramatik aufrecht zu halten, sodass der Leser diese Veränderungen nur allzu gern mitmacht. Dafür wird er auch immer wieder mit tollem Humor, faszinierender Wortwahl und leidenschaftlichen Ausbrüchen des Hauptprotagonisten belohnt.

 

Das zweite Stück, «Einladung zum Klassentreffen», ist ein Dialog zwischen den beiden Charakteren Carsten und Marina. Dabei ruft Carsten Maria nach 20 Jahren per Telefon an, um sie zum Klassentreffen einzuladen. Was dann folgt ist ein stetiges Auf und Ab der Gefühle. Die beiden merken schnell, dass sie auch nach all den Jahren noch mehr füreinander empfinden als ursprünglich gedacht. Da Maria gerade von der Arbeit nach Hause fährt, sitzt sie in einem Zug als dieses Telefonat stattfindet. Entsprechend bekommen andere Reisende das Gespräch mit und reagieren darauf.
Zwanzig Jahre Leben von zwei Menschen auf nur etwa 50 Seiten darzustellen ist nicht ganz einfach. Was Martin Schörle hier jedoch vollbringt ist grandios. Mit viel Humor und Emotionen schafft er es, die Geschichte so realistisch darzustellen, als hätte er sie gerade eben selbst bei einer Zugfahrt miterlebt. Der Leser wird von der ersten Seite an gepackt und – so erging es mir zumindest – nicht mehr losgelassen. Es passiert mir nicht oft, dass ich beim Lesen die Zeit gänzlich vergesse, aber dieses Stück liess mich nicht mehr los. Ich musste es einfach in einem Schnurz lesen.   

 

 

Mein Fazit

 

Das Werk hat alles; ich musste mehrmals schmunzeln, fieberte mit und hoffte auf ein Happy End für die Protagonisten. Kurzum, was Martin Schörle hier abliefert ist genial und absolut lesenswert! Dass die beiden Stücke bereits einige Auszeichnungen verliehen bekamen, ist wenig überraschend und meiner Meinung nach absolut gerechtfertigt. Nur zu gerne würde ich (vor allem «Einladung zum Klassentreffen») die Theaterstücke einmal auf einer Bühne bewundern können. Doch bis es soweit ist, habe ich die Texte in Buchform zu Hause und werde sie sicherlich nicht zum letzten Mal gelesen haben.

 

Das Buch erhält 5 von 5 Punkten.

 

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